Aus dem Trauma heraus wachsen
Die Beziehung zu mir selbst und zu anderen von alten Mustern befreien
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Der
Kokon in den wir uns einspinnen und dabei den Kontakt zu uns selbst
und zur Welt verlieren - wie die Raupe, die sich verpuppt, um als
Schmetterling neu geboren zu werden.
Allgemein
bekannt ist die Traumatisierung durch lebensbedrohliche Ereignisse
wie Unfälle, Naturkatastrophen, Kriegsgeschehen oder schwere
Missbrauchserfahrungen.
Mir
geht es hier um
Entwicklungstraumata, die in Beratung und Therapie lange nicht
gesehen und angesprochen wurden. Bei solchen Erfahrungen, die genauso
als lebensbedrohlich erlebt werden, geht es mehr die innere
Existenz, um Identität und Selbstwertgefühl, um die Kontakt- und
Beziehungsfähigkeit zu mir selbst und zu anderen, um lieben und
geliebt werden können, um die Angst vor innerer Auslöschung.
Erzählen will ich von einem Weg, wie solche Traumata sich lösen können, über die Praxis des Neuro-Affektiven Beziehungsmodells (NARM) von Laurence Heller, das mir durch eine glückliche Fügung begegnet ist. Es ist ein Konzept, in dem unterschiedliche Ansätze aus der Traumatherapie zusammenfließen mit spirituellen Erfahrungen und aktuellen Erkenntnissen der Neurobiologie. Darin habe ich gefunden, wonach ich immer wieder gesucht habe, was ich für mich selbst als erlösend erlebe.
Ich
komme in diese Welt mit einem Wesenskern, der – bedingungslos -
einfach ist, mit essentiellen Qualitäten wie Freude, Liebe, Kraft,
Mut, Klarheit, Willen zur Wahrheit ...
Schon im Mutterleib und
in den ersten Monaten und Jahren meines Lebens bin ich darauf
angewiesen, dass die nahen Bezugspersonen und das Lebensumfeld mein
Da-Sein mit Freude willkommen heißen und meine Entfaltung fördern.
Jede Form der Ablehnung erlebt das kleine Kind als: Es ist etwas
nicht richtig mit mir. Ich muss mich bemühen. Aber wie nur?
Als Baby und Kleinkind kann ich nicht anderes, als den ersten Bezugspersonen bedingungslos zu vertrauen, weil ich sie zum Überleben so dringend braucht. In dieser Unselbständigkeit, auch des Bewusstseins, beziehe ich alles auf mich selbst, kann mir gar nicht vorstellen, dass die anderen etwas nicht richtig machen, kann stattdessen nur mich selbst in Frage stellen: Mit mir stimmt etwas nicht, es ist meine Schuld, und ich schäme mich dafür.
Daraus können buchstäblich eingefleischte Lebensmuster entstehen, die in vielfältiger Weise beschränkend wirken, die auch körperliche und psychische Störungen hervorrufen können. Muster, die oft verhindern, dass mir Neues begegnet, das mich freundlich willkommen heißt und meine Entfaltung fördert.
Da ich dazu neige, mich zuerst dem zu nähern, was mir bekannt und vertraut erscheint, werden solche längst vergangenen Erlebnisse in bestimmten Situationen immer wieder von Neuem ausgelöst. Das kann sich anfühlen wie eine Endlos-Schleife: Bin ich noch keinen Schritt weiter gekommen, bin ich immer noch dort?
Der
erste Schritt zur Lösung besteht darin, verstehen zu lernen, dass
mir das nicht die anderen aufgeprägt haben, sondern dass ich selbst
in meiner Lebensnot keinen anderen Weg fand als mich zu beschränken
oder einen Teil von mir abzuspalten.
Auch wenn dabei mein
psycho-biologisches System in Verwirrung geriet und meine Fähigkeit
zur Entfaltung eingeschränkt wurde: In dem Moment war es eine
Rettungsaktion, die einzige Lösung, die ich damals finden konnte für
eine Situation, die ich als lebensbedrohlich erlebte.
Diese Erkenntnis gibt mir meine Handlungsfähigkeit zurück. Denn wenn diese Muster jetzt als Erwachsene noch in mir wirksam sind, kann ich ihnen nachspüren und sie erkennen. Bereits dadurch trete ich aus dem Muster heraus und gewinne Freiraum, mich zu ent-wickeln.
Ich habe mich schon öfter gefragt: Woher weiß ich, wie etwas sein könnte, wenn ich es so in meinem Leben noch nie erfahren habe? Und wie kann ich in der Meditation mich geborgen fühlen in einem inneren Raum voll Frieden, Stille und Liebe, wenn die Welt um mich herum von Problemen und Konflikten geprägt ist? Sind das Erinnerungen an den Zustand bedingungslosen Seins, aus dem ich in diese Welt gekommen bin?
Diesen Weg der Erinnerung kann jeder Mensch nur für sich selbst finden – zu vielschichtig ist die individuelle innere und äußere Welt, als dass ein anderer da einen hilfreichen Rat geben könnte.
Für die Arbeit in meiner Praxis bedeutet das:
Ich darf einladen
in einen Raum der Offenheit, ohne ein bestimmtes vorgegebenes
Ergebnis erreichen zu wollen. Ich darf meinem Gegenüber auf
Augenhöhe begegnen und darauf vertrauen, dass in ihm die gleiche
Kraft zur Entfaltung wirkt, wie ich sie in mir erlebe.
Mehr zu meinem eigenen Erleben: Traumaspuren
Duftbild: Narde
© Margarita Egghart 2023