Duft-Bilder
Aquarelle als Ausdruck der Duftwahrnehmung
Mehr erfahrenAquarelle als Ausdruck der Duftwahrnehmung
Mehr erfahrenFür die Bildmotive meiner Blogtexte habe ich Duft-Bilder gewählt, die mir zum Thema passend erscheinen. Es sind Aquarelle, die mein inneres Bild wiedergeben, das entsteht, wenn ich einen bestimmten Pflanzenduft rieche.
Ich bin auf dem Land aufgewachsen und
erinnere mich bis heute an den Geruch des ersten Schnees, den
Sommerduft nach einem Gewitter, den Geschmack der ersten Radieschen
und Kresse aus dem Garten, der frisch ausgegrabenen neuen Kartoffeln.
Später, in der Stadt, entdeckte ich auf dem Markt, für mich ganz
neu, die orientalischen Gewürze und bei einem Drogeriegroßhändler
wurden mir die ersten Fläschchen mit ätherischen Ölen gefüllt.
Bis heute genieße ich es, beim Kochen mit verschiedenen Aromen
zu experimentieren und duftende Pflanzenbalsame und Parfums
herzustellen.
Bei der Arbeit mit ätherischen Ölen
geschah es immer wieder, dass mir für einen Menschen ein
ganz
bestimmter Duft einfiel, der dann auch passte und angenehm war. Es
war ein intuitives Erkennen, das ich nicht erklären oder begründen
konnte. Dem wollte ich auf den Grund gehen.
Nun ist es ja so, dass wir einen Geruch zwar wiedererkennen und ihm auch einen Namen geben können. Seine Qualität, seinen Charakter zu beschreiben, gelingt uns viel schwerer, oft mit relativ groben Vergleichen, wie holzig oder fruchtig. So als würde das Wesentliche sich dem sprachlichen Ausdruck entziehen.
Mir fällt dazu ein
Bild aus einer Trance-Sitzung ein, aus meiner frühen Kindheit,
als ich mich über die Sprache noch nicht ausdrücken konnte. Ich stehe auf der Wiese vor dem
Haus, es ist ein schöner sonniger Tag mit blauem Himmel. Da
erscheint auf der Seite ein schwarzer Fleck, der wächst und sich
ausbreitet und wie verschüttete schwarze Tinte Landschaft und Farben
zudeckt, den Raum zum Verschwinden bringt.
Könnte es mir
gelingen, mit Hilfe der Düfte, all die
Farben wieder ins Leben zu bringen?
Und
dabei mehr erfahren über das
Wesen der Düfte und über meine
Wahrnehmungsfähigkeit und mein Bewusstsein?
Ich
hatte damals eine
Sammlung von etwa 100 ätherischen Ölen und einen Kasten mit 24
Wasserfarben, der auch Farben enthielt wie Türkis, Zitronengelb und
Magenta.
Um das rationale Wissen
über die Öle auszuschalten, versetzte ich mich in einen meditativen
Zustand und roch mit geschlossenen Augen an den Fläschchen, ohne
vorher das Etikett zu lesen. Dabei konzentrierte ich mich ganz auf
die Farben und Formen, die in meinem Bewusstsein auftauchten - in der
Hoffnung, dass es mir so gelingen könnte, das Charakteristische der
Duftempfindung als Bild zum Ausdruck zu bringen.
Dabei geht
es nicht um eine synästhetische
Wahrnehmung, bei der das Riechen von
Düften zugleich das innere Sehen von Farben hervorruft.
Es war mehr so, wie der Hirnforscher Antonio Damasio das beschreibt,
dass wir aus der Sinneswahrnehmung innere Bilder erschaffen.
Das
dauerte jedes Mal eine Weile, bis dieses
Bild für mich sichtbar wurde – dabei
stammten die Formen oft aus dem Pflanzenreich. Nach
ein wenig Übung konnte ich sogar vor mir sehen, welche Farben ich
mischen musste, um einen ganz bestimmten Farbton zu erreichen. Denn
darauf schien es anzukommen, genauso wie um bestimmte Formen, um
klare Konturen oder Verschwommenheit.
Wenn das innere
Bild sich nicht mehr veränderte, begann
ein neuer Prozess.
Denn es musste mir jetzt gelingen, auf das Papier zu übertragen, was
ich im Inneren geschaut hatte, und dafür die passende Maltechnik zu
erfinden.
Auf diesem Weg ist
eine ganze Reihe von interessanten Bildern entstanden,
auch wenn nicht alle so gut gelungen
sind.
Was mich bis heute verblüfft: Ich habe
keines dieser Bilder beschriftet und kann bis heute noch jedes Bild
dem entsprechenden ätherischen Öl zuordnen, das seine Entstehung
inspiriert hat.
Duftmoleküle
Ätherische Öle, die Duftstoffe der
Pflanzen, bestehen aus Hunderten verschiedenen Duftkomponenten, die
sich zu dem charakteristischen Duft von
Wurzeln, Blätter und Blüten vereinen.
Alle Duftmoleküle
haben bestimmte
Eigenschaften gemeinsam:
Sie
sind relativ klein und lassen sich
am besten mit Fett oder Alkohol mischen.
Sie
sind in Wasser nur
wenig löslich, verbinden sich aber gerne mit Wasserdampf.
An
diesen Eigenschaften liegt es:
dass
Ätherische Öle durch
Wasserdampfdestillation aus den Pflanzen
gewonnen werden
dass
Duftmoleküle mit der Atemluft zur
Riechschleimhaut im oberen Bereich der Nasenhöhle gelangen
und dass sie über Haut und Schleimhäute
das Körperinnere erreichen.
Duftwahrnehmung als Ganzkörpererlebnis
Wenn ich einem intensiveren Duft begegne oder während einer Massage mit duftenden Ölen,
entsteht ein Ganzkörpererlebnis, das über die
Geruchswahrnehmung hinausgeht - ob ich das nun bewusst so wahrnehme
oder nicht. Denn alle
Duftstoffe entfalten auf zwei verschiedenen Ebenen ihre unmittelbare
Wirkung, so als wären sie Botenstoffe meines Körpers.
Über
die Riechzellen in der Nasenhöhle und den Riechnerv
gelangt die
Duft-Botschaft
in Hirnareale, die für Erinnerung,
Emotionen und Belohnung zuständig sind, noch bevor ich bewusst
erkenne, was ich da rieche. Über
Lunge, Haut und Verdauungsorgane
gelangen die
Duftmoleküle selbst in Körpergewebe und
Blutkreislauf und
entfalten dort ihre Wirkung.
Die Nase als Prüforgan
Wenn ich esse, besteht das, was ich als
Geschmack der Speisen bezeichne zum größeren Teil aus dem Duft, der über
den Rachen in die Nase aufsteigt. So kann ich bestimmte Speisen
oder Zutaten wiedererkennen und auch sofort beurteilen, ob ich sie
mag oder nicht. Ähnlich
ergeht es mir mit dem Körpergeruch von Menschen, der
mit darüber entscheidet, ob mir jemand sympathisch oder angenehm
ist.
In der Evolution haben sich
die chemischen Sinne, Geruch und Geschmack, als erste herausgebildet.
Nur sie können direkt auf Moleküle reagieren und spielen deshalb
bei allen Tieren eine bedeutende Rolle für
die Nahrungssuche und im sozialen
Kontakt - bei der Unterscheidung, was ich an mich heranlasse oder gar
hinunterschlucke. In freier Wildbahn kann diese schnelle und unmittelbare
Reaktion überlebenswichtig sein.
Bild: Duftbild Magnoliablüte
© Margarita Egghart 2023